Die Ernährungsgewohnheiten in Deutschland haben sich im Laufe der Jahrhunderte stark gewandelt. Der Fleischkonsum spielte dabei eine zentrale Rolle. War Fleisch früher ein Luxusgut, das vor allem in gehobenen Kreisen verzehrt wurde, so hat sich der Fleischkonsum im Laufe der Zeit in allen Gesellschaftsschichten verbreitet und verändert. Ein besonderer Wandel ist heute zu beobachten: Einerseits wird der Fleischkonsum zunehmend kritisch hinterfragt, andererseits steht Fleisch gerade bei jungen Menschen wieder verstärkt auf dem Speiseplan. Wir geben einen Überblick über diese Entwicklung:
Antike bis Mittelalter (bis ca. 15. Jahrhundert)
Im frühen Mittelalter war der Fleischkonsum vor allem den Wohlhabenden vorbehalten. Das einfache Volk ernährte sich hauptsächlich von Getreidebrei, Gemüse und Brot, Fleisch galt als teures Gut und kam nur selten auf den Tisch. Wohlhabende Haushalte verzehrten Fleisch von Nutztieren wie Schweinen, Rindern und Geflügel, darunter Hühner und Gänse. Wild war ebenfalls beliebt, aber das Jagdrecht war meist dem Adel vorbehalten. Der Verzehr von Fleisch hatte oft auch zeremoniellen Charakter, z.B. bei Festen oder an religiösen Feiertagen. Wasser galt als unsicher, weshalb oft Bier getrunken wurde, das auch als Nahrungsmittelersatz diente. Gewürze waren einfach und konserviert wurde durch Salzen oder Räuchern.
Frühe Neuzeit (16. bis 18. Jahrhundert)
Mit der Entdeckung Amerikas gelangten neue Nahrungsmittel nach Europa, darunter die Kartoffel, die die Ernährung nachhaltig veränderte. Die Kartoffel wurde schnell zu einem Grundnahrungsmittel, das auch den ärmeren Bevölkerungsschichten Zugang zu sättigender Nahrung verschaffte. Fleisch wurde nach und nach erschwinglicher und damit für mehr Menschen zugänglich. Schweinefleisch, das wegen seiner längeren Haltbarkeit und seines hohen Fettgehalts beliebt war, wurde zunehmend verzehrt, ebenso Rindfleisch und Geflügel. Die Fleischproduktion stieg und mit ihr der Fleischkonsum. Gleichzeitig hielten exotische Gewürze und Genussmittel wie Zucker, Kaffee und Tee Einzug in die Küche.
Zur Zeit der Industrialisierung (19. Jahrhundert)
Die Industrialisierung ermöglichte die Massenproduktion von Lebensmitteln, wodurch der Fleischkonsum weiter anstieg. Die Produktion und der Vertrieb von Lebensmitteln wurden effizienter, wodurch Fleisch billiger und für mehr Menschen erschwinglich wurde. Schweinefleisch blieb das bevorzugte Fleisch, aber auch Rindfleisch war beliebt, vor allem in den Städten, wo die Versorgung stabiler war. Gleichzeitig entwickelten sich die Konservierungstechniken weiter, so dass Fleisch länger haltbar und damit auch weiter verbreitet war. Die Ernährung der städtischen Bevölkerung wurde fleischlastiger und gleichzeitig ungesünder, da frisch gekochte Mahlzeiten durch Fertigprodukte und haltbare Waren ersetzt wurden.
20. Jahrhundert – Kriegsjahre und Wirtschaftswunder
Die beiden Weltkriege führten zu starken Engpässen, weshalb Lebensmittel rationiert wurden. Ersatzprodukte wie Margarine oder künstliche Süßstoffe prägten die Ernährung, Fleisch war knapp und wurde sparsam verwendet. In der Nachkriegszeit erlebte Deutschland mit dem Wirtschaftswunder einen Boom. Fleisch wurde wieder zum Symbol für Wohlstand und der Konsum stieg. Schweine- und Rindfleisch standen im Mittelpunkt, auch Wurstwaren erfreuten sich großer Beliebtheit. In den 1970er Jahren hielt die Globalisierung Einzug in die deutschen Küchen und brachte neue fleischhaltige Gerichte wie Pizza und Pasta aus Italien, später auch asiatische Gerichte. Auch Geflügel, insbesondere Hähnchen, wurde in den 1980er Jahren durch günstigere Produktionsmethoden beliebter.
Ende 20. Jahrhundert bis heute
Seit den 1990er Jahren hat sich die Einstellung zum Fleischkonsum zunehmend verändert. Ein gestiegenes Gesundheitsbewusstsein sowie die Sorge um den Klimawandel und den Tierschutz haben dazu geführt, dass die Deutschen ihren Fleischkonsum reduziert haben oder teilweise ganz auf tierische Produkte verzichten. Wurden 1990 noch 65 Kilogramm Fleisch verzehrt, waren es zehn Jahre später nur noch 61. Im Jahr 2010 lag der Pro-Kopf-Verbrauch bei etwa 63 Kilogramm, 2020 bei 57 und zuletzt (2023) bei 52 Kilogramm. Gleichzeitig haben Vegetarismus und Veganismus an Popularität gewonnen und pflanzliche Alternativen zu Fleisch- und Milchprodukten sind beliebter geworden. Neun von zehn Deutschen essen aber nach wie vor gerne und regelmäßig Fleisch und Wurst (vgl. Ernährungsreport von Forsa, 2024). Das in Teilen der Bevölkerung gestiegene Nachhaltigkeitsbewusstsein führt in der Regel nicht zu einem vollständigen Verzicht, sondern bei bestimmten Bevölkerungsgruppen zu einem bewussteren Konsum. Beim Einkauf wird vermehrt auf qualitativ hochwertiges Fleisch aus der Region und aus sehr guter Tierhaltung zurückgegriffen. Es gilt: Genuss statt Massenware.
Die Zukunft des Fleischkonsums
Auch wenn in Deutschland in den letzten 34 Jahren ein deutlicher Rückgang des Pro-Kopf-Fleischkonsums zu verzeichnen war, ist davon auszugehen, dass der Fleischkonsum in den nächsten Jahren in etwa auf dem heutigen Niveau bleiben wird. Dafür spricht, dass der Anteil der Vegetarier (8 %) und Veganer (2 %) stagniert, während gleichzeitig die Zahl derjenigen, die täglich oder mehrmals täglich Fleisch konsumieren, um 3 % gestiegen ist. Auch junge Menschen (14 bis 29 Jahre) greifen wieder häufiger zu Fleischprodukten: Im Vergleich zum Vorjahr stieg der tägliche Fleischkonsum um sieben auf 26 Prozent. Das zeigt auch der Ernährungsreport, der auf einer repräsentativen Befragung im Mai 2024 basiert.
Zu pflanzlichen Alternativen und technologischen Entwicklungen wie In-vitro-Fleisch gibt es unterschiedliche Prognosen. Die aktuellen Entwicklungen deuten jedoch darauf hin, dass Fleisch auch in Zukunft eine wesentliche Rolle in der Ernährung der Deutschen spielen wird.
Hallo,
den Trend hin zu einem bewusteren Fleischverzehr merken wir auch. Die Nachfrage nach sehr hochwertigen Weidefleisch nimmt immer mehr zu. Der moderne Verbraucher achtet mehr auf Geschmack und Gesundheit.
Viele Grüße